simul­tan – ein spiel

simul­tan – ein spiel

SIMUL­TA­NEOUS
A Mixture of Thoughts and Feelings – A GAME

The performance instal­la­tion SIMUL­TA­NEOUS – A Game – was perfor­med once on 05/22/2008 at the Städti­sche Galerie Dresden.

By random selec­tion, the audience was separa­ted into two rooms, a performance room and a broad­cast room. In the performance room, actions took place that overlap­ped in time. The viewing direc­tion and the position of the specta­tors in the room were undeter­mi­ned. A video camera trans­mit­ted a defined section of the performance room to a screen in the broad­cast room. For the video trans­mis­sion, a setting had been instal­led in the performance room in which the perfor­mers alter­na­tely acted.

The separa­tion of the audience through the performance room and anteroom and also the various viewing direc­tions of the specta­tors in the performance room address the construc­tion of history through the medium of televi­sion, but also through the indivi­dual direc­tion of atten­tion of every single viewer.

The video recor­ding was directly trans­mit­ted to the painting exhibi­tion of the Städti­sche Galerie. The screen was hung in the broad­cast room in place of a painting. The two rooms were separa­ted by a door with viewing windows. Two micro­phone stands with white curd soap instead of mikes were also set up in the broad­cast room. Mouths reciting a text were projec­ted onto the soaps.

This text is a montage of excerpts from diffe­rent books of my library that deal with water. Text is an immate­rial material. There’s quite a bit of water in it! We all draw from what is already there. Still, the text is newly created, but from fragments that already existed.

One can see the mouths of the various perfor­mers projec­ted onto the curd soaps, alter­na­tely reciting the words of the text. The flow of the text thus attains an edgy sound through the diffe­rent voices. The sound of this instal­la­tion overlaps with that of the live trans­mis­sion and functions as a commen­tary on the action taking place. The soap mouths suppo­sedly explain the action, they suppo­sedly subtitle the situa­tion. But the liste­ner cannot find support in the text, the content remains elusive, it’s like attemp­ting to grasp water. The soap mouths are also a joke, a humorous allusion to the soap opera culture of our times.

In the performance room, silver balloons are filled at a device for mixing salt and sugar accor­ding to a prede­fi­ned poetic work process. Mixing salt and sugar descri­bes the striving for a balance between thoughts and feelings. Salt stand for thoughts, sugar for feelings. Outwardly, the substances resem­ble each other, but they are funda­men­tally diffe­rent. They are pleasure and poison and can be used for preser­va­tion. Both substances are water-soluble.

The balloon objects filled with the ideal mixture were the start­ing point and the connec­ting elements of the actions outside of the focus of the camera. These actions were indivi­du­ally develo­ped before­hand by the five perfor­mers, which I then set in tempo­ral and spatial relation to each other.

For a unique period of time, every­thing became part of the artwork. The gallery space and the existing artworks formed the frame for an event during which the members of the audience in the performance room, due to the simul­tan­eity of the actions, had to decide for themsel­ves what to pay atten­tion to. The audience in the broad­cast room experi­en­ced the live trans­mis­sion cropped by the focus of the video as well as the soap instal­la­tion. But both the video and the windows in the door between the two rooms revea­led that a lot more took place than that which became visible through the transmission.

Something was withheld in both rooms. Confron­ted with the diverse actions in the performance room, some specta­tors belie­ved they missed the suppo­sed explana­tion given by the water text, which could only be heard in the broad­cast room. The specta­tors there, on the other hand, only percei­ved fragments of what was really going on in the performance room.

Thus, a situa­tion was created that negotia­ted the construc­tion of history, in which questi­ons of perspec­tive, possi­bi­li­ties and percep­tion are indeed always fundamental.

In the broad­cast room, the video instal­la­tion SIMUL­TA­NEOUS was created as the product of the one-time performance instal­la­tion SIMUL­TA­NEOUS – A Game.

to the video instal­la­tion: simultan

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SIMUL­TAN
die Mischung von Gedan­ken und Gefüh­len – EIN SPIEL

Die Performance-Instal­la­tion SIMUL­TAN – ein Spiel – wurde am 22.05.08 einma­lig in der Städti­schen Galerie, Dresden aufge­führt. Die Zuschauer teilten sich durch ein Losver­fah­ren auf zwei Räume auf, einen Auffüh­rungs­raum und einen Übertra­gungs­raum. Im Auffüh­rungs­raum fanden perfor­ma­tive Handlun­gen statt, die sich in ihrer zeitli­chen Abfolge überschnit­ten. Die Blick­rich­tung und die Position der Zuschauer im Raum war unbestimmt. Eine Video­ka­mera übertrug einen festge­leg­ten Ausschnitt des Auffüh­rungs­rau­mes auf einen Bildschirm im Übertra­gungs­raum. Für die Video­über­tra­gung war eine Kulisse in den Auffüh­rungs­raum gebaut worden, die abwech­selnd von Perfor­mern bespielt wurde.

Die Trennung des Publi­kums durch Auffüh­rungs- und Vorraum, aber auch die unter­schied­li­chen Blick­rich­tun­gen der Zuschauer im Auffüh­rungs­raum, verhan­deln die Konstruk­tion von Geschichte, durch das Medium Fernse­hen aber auch durch die indivi­du­elle Richtung der Aufmerk­sam­keit der einzel­nen Zuschauer.

Die Video­auf­nahme wurde direkt in die Malerei-Ausstel­lung der Städti­schen Galerie übertra­gen. Der Bildschirm hing im Übertra­gungs­raum anstelle eines Bildes. Übertra­gungs­raum und Aktions­raum waren durch eine Tür mit Sicht­fens­tern vonein­an­der getrennt. Zwei Mikro­fon­stän­der, die anstelle der Mikro­fone weiße Kernsei­fen hielten, befan­den sich ebenfalls im Übertra­gungs­raum. Auf die Seifen wurden Münder proji­ziert, die einen Text vortragen.

Dieser Text ist eine Montage von Textaus­zü­gen über das Wasser aus verschie­de­nen Büchern meiner Biblio­thek. Text ist immate­ri­el­les Material. Da steckt auch einiges an Wasser drin! Wir schöp­fen alle aus dem was schon da ist. Trotz­dem ist der Text neu erschaf­fen, aber aus Fragmen­ten, die schon existierten.

Zu sehen sind die auf Kernsei­fen proji­zier­ten Münder der verschie­de­nen Perfor­mer, die abwech­selnd Worte des Textes vortra­gen. Durch die unter­schied­li­chen Stimmen entsteht so ein unruhi­ger Klang des Textver­laufs. Der Ton dieser Instal­la­tion überla­gerte den Ton der Live-Übertra­gung und funktio­nierte wie ein Kommen­tar der statt­fin­den­den Handlung. Die Seifen­mün­der sind eine vermeint­li­che Erklä­rung, ein vermeint­li­cher Unter­ti­tel der Situa­tion. Aber der Zuhörer kann sich an dem Text nicht festhal­ten, sein Inhalt entzieht sich immer wieder, wie wenn man versucht Wasser zu greifen. Die Seifen­mün­der sind auch ein Witz, eine humor­volle Anspie­lung auf die Seifen­opern­kul­tur unserer Zeit.

Im Auffüh­rungs­raum wurden in einem vorge­ge­be­nen poeti­schen Arbeits­ab­lauf an einem Gerät zum Mischen von Salz und Zucker, silberne Ballons befüllt. Das Mischen von Salz und Zucker beschreibt das Streben nach einer Balance von Gedan­ken und Gefüh­len. Das Salz steht für Gedan­ken, der Zucker für Gefühle. Beide Substan­zen gleichen sich äusser­lich, unter­schei­den sich aber wesent­lich. Sie sind Genuß und Gift und können auch zur Konser­vie­rung verwen­det werden. Beide Substan­zen sind wasserlöslich.

Die mit dem idealen Gemisch befüll­ten Ballon­ob­jekte waren der Ausgangs­punkt und die verbin­den­den Elemente der Handlun­gen ausser­halb des Kamera­fo­kus. Diese Handlun­gen wurden im Vorfeld von den fünf Perfor­mern indivi­du­ell erarbei­tet und von mir zeitlich und räumlich in Bezie­hung gesetzt.

Für einen einma­li­gen Zeitraum wurde alles zum Teil des Kunst­wer­kes. Der Galerie­raum und die vorhan­de­nen Kunst­werke bilde­ten den Rahmen für ein Ereig­nis, bei dem die Zuschauer im Auffüh­rungs­raum durch die Gleich­zei­tig­keit der Handlun­gen, selber zu entschei­den hatten, worauf sie ihre Aufmerk­sam­keit richte­ten. Das Publi­kum im Übertra­gungs­raum erlebte die vom Video­fo­kus beschnit­tene Live-Übertra­gung und die Seifen­in­stal­la­tion. Das Video aber, und auch die Fenster in der Tür zwischen den beiden Räumen, offen­bar­ten das viel mehr statt­fand als durch die Übertra­gung sicht­bar wurde.

In beiden Räumen wurde etwas vorent­hal­ten. Konfron­tiert mit den vielfäl­ti­gen Handlun­gen im Auffüh­rungs­raum glaub­ten einige Zuschauer die vermeint­li­che Erklä­rung durch den Wasser­text, der ja nur im Übertra­gungs­raum zu hören war, zu versäu­men. Dort hinge­gen nahm man in der Übertra­gung nur fragmen­ta­risch wahr, was wirklich im Auffüh­rungs­raum geschah.

So war eine Situa­tion geschaf­fen, die die Konstruk­tion von Geschichte verhan­delt, bei der ja immer die Frage der Perspek­tive, der Möglich­kei­ten und der Auffas­sung grund­le­gend ist.

Im Übertra­gungs­raum entstand die Video­in­stal­la­tion SIMUL­TAN, als Produkt der einma­li­gen Performance-Instal­la­tion SIMUL­TAN – ein Spiel.

zur video­in­stal­la­tion: simultan

info

Date:

22.05.2008

Location:

Städtische Galerie Dresden

Category:

sculptural movement