„51° 9’48.474 N 13° 28’11.896 E – Koordinaten und Titel zugleich, die den Standort eines weit geöffneten Nähkastchens beschreiben. Ein Lot schwebt mittig über dem Objekt, scheint den Standort des kreatürlich fragil anmutenden Kästchens zu fixieren, ein Wegrollen zu verhindern. Darin sehen wir zahlreiche Anordnungen der Fotografie „Fall“, aufgenommen 2015 in Breslau. Auf dem sauberen Trottoir ist ein Flügelpaar einer Taube zu sehen, der Körper fehlt.
ln der Auseinandersetzung mit lsa Genzkens „Weltempfänger“ entwickelte Svea Duwe ein inhaltliches lnteresse an der Erosion des Privaten durch die konstante Preisgabe von Standortdaten über GPS-fähige Geräte wie unsere Handys. Während sie Genzkens Weltempfänger als ein Objekt liest, welches beschreibt, wie die Komplexiiät der Welt in die Verkapselung des Privaten hereingeholt wird, stellt sich Svea Duwe in ihrer lnstallation die Frage nach persönlicher Freiheit in einer öffentlichen, von globaler
Überwachung geprägten Welt.
Das Nähkästchen in der Tradition eines Objet trouvé steht hier für das Private, das Häusliche. Komplett geöffnet, gibt es seinen lnhalt fast schon lasziv preis: Das Flügelpaar als Metapher für die Dynamik der Globalisierung, die Leichtigkeit des
Unterwegsseins – und zugleich grausam leblos als Symbol für den Verlust des Privaten und die potenzielle Verletzbarkeit durch ein Medial-Sein und die permanente Übermittlung von Standortdaten über diverse Endgeräte. Moderne Technik und die
virtuelle Welt suggerieren eine neue Qualität von Freiheit und ermöglichen einen weltweiten permanenten Austausch. Svea Duwe hinterfragt diese Freiheit kritisch die mit dem Verlust des Privaten einhergeht.“
Maren Marzilger, Kuratorin „Ortsgespräche mit Weltempfänger“