oslo

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Du hast keine Pflichten.
Also bist du aufs Schiff gegangen.
Schwan­kend bist du angekommen.
Es schneit.
Der Schnee macht dich langsam und bringt die Vgel zum schweigen.
Nur die Mwen durch­schnei­den den Himmel.
Du suchst in den Strassen.
Du suchst in den Gesichtern.
Es ist glatt. Du achtest auf jeden Schritt.
Du suchst an den Fassa­den der Huser.
Das Rathaus ist laut.
Der Hafen geschlossen.
Das gefan­gene Meer.
Stark sind die Menschen und schn und der Schnee macht sie nicht langsam.

Du bekommst Schls­sel und Karten und einen Briefkasten.
Ein Holzstrei­fen durch­zieht die Wand.
Es gelingt dir nicht auf jedem Mbelstck etwas zu hinterlassen.
Die Schub­la­den bleiben leer.
Morgens ffnest du mit einem Schls­sel ein altes Gebude in der Stadt.
Geht man die Treppen hinauf wird man herausgefordert.
Geht man die Treppen hinun­ter setzt man aus.
Du suchst in den Gesichtern.
Du suchst in den fremden Worten.
Man muss seinen Fragen sport­lich begegnen.
Du staunst ber Systeme und Formen.
All dem liegen Entschei­dun­gen zugrunde.

*

Eine Karte durch einen kleinen Kasten gezogen.
Grnes Licht leuch­tet auf.
Die Eisentr vibriert und klickt.
Du ffnest ein Gebude in einem anderen Teil der Stadt.
Hinter dir liegen Stras­sen rauf und runter, Huser, Huser, dann ein Pfad, die Enten im Eis,
eine zierli­che Brcke ber dem Wasser­fall, der manch­mal erstarrt.
ber Eis, durch die Eisentr, die Stufen hinauf.
Du hrst hier gern deine Schritte, auf dem langen Flur, hinten rechts der Raum.
Licht.

In der Stadt wohnt der Knig.
Der Prinz kommt von der anderen Seite der Welt und teilt mit dir diesen Raum.
Du verbringst viel Zeit damit aus dem Fenster zu schauen.
Du siehst den Fluss und den Park.
Du bekommst einen schwar­zen Tisch und einen roten Stuhl.
Du setzt dich auf den Stuhl.
Da sind schon Bilder an der Wand.
Es stimmt, dass jeder Farbklecks ein Bild ist.
Alles voller Knstlerspuren.
Ein Rohr trennt elegant ein recht­ecki­ges Stck Decke ab.
Im Fenster sitzt ein riesi­ges, braunes Gert mit Kabel.
Du erschrickst vor der Kleidung im Schrank.
Soll daraus Kunst werden.
Es stimmt, dass aus jedem Kleidungs­stck ein Kunst­werk werden kann.

Irgend­et­was stimmt nicht zwischen Stuhl und Tisch.
Der Tisch ist kein Tisch.
Um ihn zu testen, stellst du Tuschegl­ser, Stifte und einen Wasser­farb­kas­ten auf den Tisch und versuchst zu zeichnen.
Ausgeschlossen.
Du versuchst daran zu essen.
Ausgeschlossen.
Du rumst alles ab.
Der Tisch ist kein Tisch.

*

Zurck in den Strassen.
Am Hafen ein roter Seestern im Schnee und berhaupt, was fr ein hyste­ri­scher Umgang mit elektri­schem Licht:
berall Licht und Lichter­ket­ten und wenn man einen Raum verlsst bleibt das Licht an.
Nachts fallen schwarze Flocken aus einem gelben Himmel.
Man sitzt in Holz auf Leder.
Du suchst in den Dingen.
Das Leder war ein Tier, der Stuhl ein Baum.
Glas ist eine Flssigkeit.
Diese eigentm­li­che Gewiss­heit, mit der wir zwischen den Dingen leben.
Du suchst im Spiegel.
Kopf, Hals, Hnde, diese fremden Gegenstnde.
Deine Augen werden grn, nichts bleibt wie es war.

*

Alles in Frage zu stellen macht sprachlos.
Jeder versucht sein Mgliches.
Bildung verfei­nert die Welt.
Wohin verschwin­den all die Wrter.
Die Ordnung der Namen.
Dieser vergeb­li­che Versuch des rechten Winkels.
Der stille Lrm der vielen Herzen.

*

Der Gedanke zu verschwinden.
Der Plan keine Spuren zu hinterlassen.
Etwas in mir ist fr immer zwlf.
Die Gewiss­heit ganz im Jetzt zu sein.
Darin Gestern und Morgen auflsen.
Von Beginn an eine Aufleh­nung gegen das Zweckhafte.
Sozio­lo­gie, Philo­so­phie, Wissen­schaft, Poesie, Technik.
Entschul­dige dich fr deine Spuren!

*

Heute ist ein Tag an dem der Mond scheint.
In einer fremden Sprache spricht der Prinz,
die Melan­cho­lie unter­scheide sich nur durch etwas Humor von der Depression.
Und dann noch, dass man sich nicht so ernst nehmen darf.

Du denkst an das Ziehen und Drcken.
Die laute Stille.
Der Lrm der Herzen.

*

Was ist ein Weg.
Du folgst dem Wolf und zwischen Unter­holz und Heidel­bee­ren gehst du nur wo du kannst.

Wer bestimmt die Regeln.
Warum nicht einen Mord begehen und mit der Haut die Couch bezie­hen, damit sie nicht lnger Lila ist.

*

Du weisst nun wie man sicher auf Eis geht.
Man darf keine Angst haben zu fallen.
Du drckst dich in Gesell­schaft hinter einen Tisch.
Laute Ksse am Nachbartisch.
Verhakte Hnde.
Sie saugt an seiner Haut.
Die Beiden reiten sich durch die Zeit.
Stolz die Zgel in der Hand.

Liebe ist anders: wie Duft, wie Licht.

Die Ahnung, dass man freiste­hend klarer erkennt.
Mit dem Erkann­ten verfah­ren, wie mit Duft und Licht.
Die Idee keine Qualitt mehr zu erarbeiten.
Die Anmut der Fehler.

*

Vor der Tr ist Nacht.
Ein Stern ber dem weissen Park.
Der Alltag der Schloss­wa­chen, erklrt der Prinz, hat etwas mit Medita­tion gemein.
Die Fenster­schei­ben verdop­peln die Lichter.
Musik erreicht erst die Seele und dann den Verstand.
Der Musiker ist ein mchti­ger Mensch.
Vielleicht wegen dem Schnee und weil die Vgel schwei­gen, vielleicht auch wegen der Macht,
bringt diese Stadt so viele Musiker hervor.

*

Im Dunkeln verrt dir der Prinz, dass er sich sozial engagiert um unsterb­lich zu werden

*

Schla­fend beobachte ich die Qual des Jungen und im selben Moment weiss ich,
ich werde das Zwlfjh­rige tten und es wird ein naives Schau­spiel werden.

*

Etwas in dir hetzt.

Es ist kindisch das Spiel ernst zu nehmen.
Auch der Tod des Zwlfjh­ri­gen wird ein Kinder­spiel werden.
Die Farbe zwischen Rot und Grn.
Die Zwischenrume.
Die Banalitt des Seins.
Alles ist eine Frage der Balance.

Du bist dein Mechanismus.
Schnen Dank und vorber.

*

Die Sonne kmpft sich durch das Grau und leuch­tet in allen Augen.
Der Krper trinkt Licht.
Der Platz ist gerade ausreichend.
Du sitzt an Holz auf Holz.
Die Wand gegen­ber spiegelt unend­li­chen Raum.
Die Musik wrmt dich mit Vergangenem.
Aus der Decke drcken sich Kugeln.
Jeder Rahmen an der Wand hlt einen Raum.
Jede Dekora­tion auf der Bar ist ein Krper.
Drei Tren.
Fenster.
Spiegel.
Unend­li­cher Raum.
Die Menschen fgen sich ein.
Jeder ein Gebude voller Rume.

*

Da ist diese Lcke.
Jeder grbt von Morgen nach Gestern,
diese Lcke zu schlieen.
Alle graben. Schach­ten. Eifern.
Es fehlt Luft.
Ein Fenster ffnen.
Lrm.
Dieser BaustellenLrm.
Lrm vom Graben, Richten, Schlieen.
Dieser Eifer.

Der Wunsch anzuhalten.

Ein Feld abstecken.

Dass die Augen eine Linie finden.

*

Fr einen Moment hrst du auf zu whlen.
Du probierst alles, was dir gereicht wird.
Der Wunsch, den Hunger zu stillen.
Stille durch Genuss, der ohne Wahl keiner mehr ist.
Und das reisst dich zu Boden.
Verstei­nert die Sterne.

*

Die Situa­tio­nen bestim­men dich, wie du die Situa­tio­nen bestimmst.
Die Sehnsucht in all den Versu­chen den Wunsch nach Qualitt nicht zu verlieren.
Qualitt ist Balance.
Die Spannung zwischen zwei Gleichen.

*

Eine Ssse verklebt deine Freiheit.

Zucker ist Genuss und Gift.

Musik regiert den Herzschlag.

Jetzt sind die Wege vereis­ter denn je und glitzern in der Dunkelheit.
Du betrittst die Halle.
Du wirst ein Teil der Masse aus Kpfen und Krpern.
Eine dunkle, beweg­li­che Masse.
Die runden ffnun­gen der Flaschen.
Die glhen­den Kreise der Zigaretten.
Das leuch­tende Rot der Lippen.

Stolz klicken die Abstze.
Die Lunge stsst den Rauch durch die Nase.
Das Lachen zeigt Zunge und Zhne.
Die Gebrs­tete ist voller Haare.

*

Ein vertrau­ter Moment, wenn das Feste sandig in der Hand zerfllt.
Im Herz knirscht der Sternenstaub.

Die Welt tritt diesen Schritt zur Seite.
Blickt auf dich, wie du auf die Welt.
Fr einen Moment nur mchtest du aufhren zu sehen, zu horchen, zu begreifen.

Dass du einen weissen Fleck in deinem Kopf schaf­fen kannst.

*

Du bist verwundert.

*

Irgend­wie bin ich in den Brunnen gefallen.
Das Wasser ist schwarz und khl.
Meine Kleidung schwer.
An meinen Fssen saugen Frsche.

Tastend am Grund nach der golde­nen Kugel,
finde ich nur Kiesel und Kirschkerne.
Der Hall trgt mir die eigenen Klagen zu.

Schwin­del.

Von oben fallen Blten­blt­ter herab.
Legen sich auf das schwarze Wasser.
Haften feucht an meiner Haut, die rissig ist.

*

„Das war nmlich so“, sage ich zu dir, „ich sass in dem Brunnen.
Das Wasser war schwarz und khl, meine Kleidung schwer.
An meinen Fssen saugten Frsche.
Ich tastete am Grund nach der golde­nen Kugel.
Fand aber nur Kiesel und Kirsch­kerne und der Hall trug mir die eigenen Klagen zu.“

Von oben fallen Blten­blt­ter herab.
Legen sich auf das schwarze Wasser.
Haften feucht an meiner Haut, die rissig ist.

*

Du erinnerst dich.
Du versorgst dein Herz.
Entfernst die wilden Kabel.

*

Auf der Suche nach Grenzen triffst du auf Grenz­su­cher in jeder Begegnung.

*

Du betrittst diese Rume.
Steigst Treppen hinab in eine niedrige Halle.
Auf schwar­zem Leder, bist du Teil der Masse.
Eine Zigarette erhellt ein Gesicht.
Irgendwo glitzert Schmuck.
Etwas drckt dein Herz auf und zu.
Das Blut rast.
Etwas hrt sich an wie kalter Wind.
Jedes Haar stellt sich auf.
Etwas hrt sich an wie Wut.
Du musst lachen.

*

Du folgst.
Findest dich wieder zwischen Krpern an Holz auf Holz.
Alle sprechen eine fremde Sprache.
Du begeg­nest Augen, die du verstehst.
Und du begeg­nest Augen, die du nicht sehen kannst.
Das Getrnk lst auf.
Lst den Krper.
Lst die Gedan­ken zu Worten.
Lst die Worte.
Lst das Sehen und das Fhlen.
Lst die Formen auf.
Das Mecha­ni­sche des Krpers.
Die Flle des Sichtbaren.
Die Banalitt der Gefhle.

*

Du schliesst dich kurz.
Drehst dich.
Zitterst.
Schwingst.
Selbstvergessen.
Die Pause bringt dir das Fremde zurck.
Als Ordnung hinter Glas.

*

Nach dem nchsten Schritt scheint dich der Frost zu erwarten.
Du bist verliebt in den Mond und willst in seine Arme.
Du ertrumst dir eine Sonne. Sie soll deine Freun­din sein.
Es gibt keinen Weg in den Himmel.

*

Du mischt Salz und Zucker.
Gehst in die Stadt.
Heute ist die Strasse menschenleer.
Hier und da ein Schrift­zug, ein Kreuz, eine Reflek­tion, die Dahin­ter­lie­gen­des verspricht.

info

Year:

2004

Location:

Auslandsstipendium Statens Kunst Akademi Oslo

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