Es ist Lockdown. Der Bildschirm ist zum Lebensraum geworden und in der Aufeinanderfolge der vielen unterschiedlichen Inhalte wirkt die Nachrichtensendung wie ein steifes, unveränderliches Ritual. BLOOM nimmt sich diese rituelle Struktur vor, greift Handlungsmuster und Texte auf und verschränkt sie auf eigensinnige Weise neu. Der Bildschirm wird zum Behälter der Handlung und zur Membran zwischen der Performerin und den Zuschauern, die die Live-Performance in der Motorenhalle zeitgleich andernorts an ihren Endgeräten, wie eine Fernsehübertragung, erleben.
BLOOM deckt die authentischen Schicksale einer amerikanischen Whistleblowerin und einer deutschen DADA Künstlerin auf, die beide sehr einflußreich in die Gesellschaft gewirkt haben aber erstaunlicherweise in der öffentlichen Wahrnehmung nahezu ausradiert wurden.
Die Dada-Künstlerin Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven gilt Insidern mittlerweile als die eigentliche Urheberin des „Fountain“, einem der weltweit berühmtesten Kunstwerke des Dada, das Marcel Duchamp sich zuschreiben ließ und Reality Winner, eine junge Whistleblowerin, verbüßt derzeit eine unverhältnismäßig lange Gefängnisstrafe in den USA, da sie 2017 als Erste Fakten über russische Manipulationen bei der Präsidentschaftswahl 2016 leakte.
In einem vom schnellen szenischen und textlichen Wechseln und Brüchen geprägten Monolog entwickelt die Schauspielerin Sarah Bonitz aus der anfänglich konventionellen Haltung einer Nachrichtensprecherin heraus, verschiedene Frauenfiguren. Ein Stein, ein schwarzes Kissen, ein Tisch und eine amerikanische Briefmarke genügen ihr, um Szenen entstehen zu lassen, die einen Erlebnisraum öffnen. Der kulissenhafte aber zunächst sachlich-neutrale Handlungsraum wird zu einem persönlichen und privaten Raum entwickelt, zu einer Art Käfig, aus dem heraus eine Persönlichkeit spricht und agiert, die sich an keine Fassung mehr hält. Das ebenfalls durch Brüche, Auflösungen und Wandlungen geprägte Sounddesign von Falk Meutzner flankiert die Handlungen.
„Wann ist ziviler Ungehorsam gerechtfertigt?“ und welche Mechanismen liegen der Geschichtsschreibung zugrunde?
Die Uraufführung fand am 31.03.2021 als Live-Stream aus der Motorenhalle Dresden, in der Ausstellung DISconnected, statt.
Weitere Aufführungen sind in Planung.
Angebote für Aufführungen an bisher ungeplanten Orten nehme ich gerne entgegen!
Performance: Sarah Bonitz
Sounddesign: Falk Meutzner
Lichtdesign: Martin Mulik
Live Technik: Christian Rätsch
Konzept, Text, Umsetzung und Regie: Svea Duwe